Margareta Sandhofer
SHAPES

Elisabeth Plank studierte von 1979 bis 1984 bei Oswald Oberhuber an der damaligen Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Das ist durchaus erwähnenswert, denn in der Vielgestalt des Oeuvres, wie in der Leichtigkeit, mit der sich Elisabeth Plank in ihrem langjährigen Schaffen durch die verschiedenen Entwicklungssphären bewegt, ähnelt sie ihrem ehemaligen Lehrer, mit dem sie auch bis heute eine tiefe Freundschaft verbindet: wie sie gleichsam spielerisch über diverse Stilmitteln hinwegbalanciert, immer aufmerksam auf ihre Umgebung, auf Anregungen jeglicher Art, sei es durch Literatur, Natur, näheres Lebensumfeld oder auch Künstlerkollegen und deren Kunst, zeitgenössisch, doch vor allem kunsthistorisch: die Umwelt, das Leben, wird aufgenommen, reflektiert und verarbeitet. Es schlägt sich nieder – ohne, dass es für den Betrachter spontan auf seine mögliche Anregung zurückführbar ist. Denn trotz der vielseitigen Facetten in ihrem Oeuvre, bleibt Elisabeth Plank stets bei sich, sie horcht auf ihr Inneres. Das Werk entspringt nur aus seinem eigenen Drang und folgt seiner Eigengesetzlichkeit. Das ist Elisabeths unbeirrbarer roter Faden, den sie bedingungslos und konsequent verfolgt. Es bietet sich ein auffallend lebendiges Kunstschaffen dar, dessen vorschreitende Entwicklung sich mit Spannung beobachten lässt. Das Oeuvre ist voller überraschender Wendungen. Es macht gewissermaßen Stationen in Serien und Werkgruppen, die sich stets in einer beeindruckenden Direktheit ohne Umschweife, bar jeder kapriziösen Notwendigkeit einer theoretisierenden Gelehrigkeit, in einer unmittelbaren Ausdrucksweise direkt an den Betrachter wenden.

So ist auch der hier präsentierte Auszug aus ihrer jüngsten Schaffensphase als eine Momentaufnahme ihres nicht berechenbaren, wohl für sie selbst auch nicht absehbaren Fortschreitens zu sehen, das sich scheinbar bescheiden mit dem Feld der reinen Malerei begnügt. Elisabeth Planks Schaffen bewegt sich bejahend in diesem klassischen und traditionellen Bereich, in dem sie jedoch offensichtlich keine Grenzen erreicht, der ihrem Freigeist vielmehr eine Unerschöpflichkeit zu bieten vermag.

Zum gegenwärtigen Zyklus, den Elisabeth Plank SHAPES betitelt – also einen Titel wählte, der jede inhaltliche Zuweisung verneint und dabei jede Assoziation zulässt – für diesen Zyklus nannte sie ihre Liebe zur Kunst von Piet Mondrian als Anregung. Sie zitiert damit eine Quelle, an die ich persönlich wohl kaum gedacht hätte, was aber wiederum auf nichts anderes hindeutet, als dass es bezeichnend ist für die Eigenständigkeit und Eigenwilligkeit ihres Schaffens.

Das Grundmotiv der Gemälde, sich konzentrisch aus der Mitte entwickelnde, bewegte amorphe Formen, dieses elementare Grundmotiv lässt sich in Elisabeth Planks Oeuvre über etwa drei Jahre zurückverfolgen. Den großformatigen Leinwänden der SHAPES gingen die kleineren Papierarbeiten PAINTBABIES von 2018 voraus. Diese können wiederum als eine Konzentration der 2017 entstandenen Gemälde der ONLINE KOMPOSITIONEN gesehen werden. Haben jene Bilder von 2017 noch eine aufgewühlte, erregte Emotionalität vermittelt, so hat sich dasselbe Grundmotiv in den PAINTBABIES auf den Blättern mit leichter Beschwingtheit in einer spielerischen Schwebe gehalten um sich nun in den SHAPES mit einer souveränen Bestimmtheit in einer beruhigten und gefestigten Empfindsamkeit auf dem Bildgrund zu bewegen.

Elisabeths Arbeitsprozess läuft in einer stillen, fast meditativen Atmosphäre ab. In sehr konzentrierter Verfasstheit folgt ihr Pinselzug dem Impuls aus ihrem Inneren, als führe sie ein Zwiegespräch mit ihrem entstehenden Werk.

Das einzelne Werk der Serie SHAPES nimmt jeweils seinen Ausgangspunkt in der Mitte des Bildes. Auf schwarzem Grund baut sich aus den urtümlich fließenden Elementen eine pulsierende weiße Ebene auf und entwickelt sich auf den Bildrand zu, den sie stellenweise subtil erfasst und so ihre Wirkung unterschwellig auch auf die umgebende Architektur ausdehnt. Zunächst lässt die Künstlerin ihre Malerei in rein weißem Zustand Form annehmen und zu einem atmosphärischen Gebilde wachsen, dessen Schattendasein sie in einem weiteren Arbeitsschritt durch Farbsetzungen Leben einhaucht, es aus einer vergeistigten Befindlichkeit in die Gegenwärtigkeit der Farbe hebt.

Aus einer ganzheitlichen Sicht auf das Gemälde eignet sich die Künstlerin die Struktur erneut an: Sukzessive werden die internen Schwingungen von einer sich allmählich entfaltenden Farbkomposition erfasst und intensiviert und schließlich zu einem vibrierenden Gefüge strukturiert. Die akzentuierten und verlebendigten Formen oszillieren zwischen voluminöser Körperlichkeit und reiner Flächigkeit. Sie deuten in der Pinselführung des halbtransparenten Farbauftrags eine Körperlichkeit an – um sich denn doch in eine plane Bildhaftigkeit zu entziehen. Diese elementaren Wesen scheinen dem schwarzen Grund in der Mitte des Bildes entwachsen zu sein und sich in einer nach außen drängenden Spirale in zunehmender Vielgestalt und Präsenz um dieses Zentrum zu bewegen, das einer gegenstandslosen Tiefe gleichkommt. Dessen vermeintliche Leere ist durch diese wirbelnden Gebilde aktiviert und mit ideellem Gehalt aufgefüllt.

So wie die einzelnen Formen um die Bildmitte rotieren, arbeitet auch Elisabeth Plank von allen Seiten um ihr Gemälde kreisend. Die formale bildinnere Bewegung entspricht ihrer eigenen körperlichen beim Malen, zugleich spiegelt sie die bedingungslose mentale Zugewandtheit der Künstlerin gegenüber dem entstehenden Werk wieder. Der Dialog zwischen der Künstlerin und ihrem Werk vollzieht sich aus der unmittelbaren Nähe wie aus der Distanz, wenn sie etwa innehält um von der Höhe der Leiter das Gemalte reflektierend zu betrachten und dann die Gestaltgebung fortzuführen. Das Geschehen zwischen Künstlerin und ihrem Werk von Berührung, Auseinandergehen, wiederholter Annäherung und erneutem Anfassen passiert wie der schwelende Tanz eines Paares. Erst wenn dieser zu seinem Ende findet, zuallerletzt, wird das Oben und Unten des Gemäldes festgelegt. Die Form der Präsentation klärt sich, wenn sich das Werk als vollendet erweist.

Bis dahin ist die Bildfindung ein sich entfaltender lebendiger Prozess, ohne jede Vorzeichnung, ohne vorgelegte Setzungen und daher ohne Korrekturen. Denn Elisabeth Plank verzichtet auf jegliche starre Fixierung. So hat sie sich auch freigespielt von einem Narrativ. Sie hat die inhaltliche Erzählung zurückgedrängt zugunsten der Komposition, und diese wieder zurückgezogen zugunsten einer freien Wirksamkeit. Sie verzichtet auf eine Bindung an einen charakteristischen wieder erkennbaren Stil oder Strich oder auf effektvolles Virtuosentum. Genauso weist sie die oft geforderte zeitgenössische Aktualität von sich und ihrem Werk. Konsequent und unbeirrt betreibt Elisabeth Plank eine Form reiner und unbeugsamer Malerei, die sich zu ihrem bildhaften Dasein in eindringlicher Klassik und Eindeutigkeit bekennt und sich in dieser Eigenart selbstbewusst und autark präsentiert: als wesensmäßiges Bild, autonom und nur seiner Eigengesetzlichkeit verpflichtet. Ihr Malen geschieht als ein direktes Fließen des Impulses über den Pinsel, dem sie sich überlässt, getragen von einem Vertrauen in die Malerei, in deren Rätselhaftigkeit sie sich begibt um ein ebenso rätselhaftes Werk zu schaffen, das für uns wie auch für sie selbst seinen Mythos bewahrt.

2019

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